»Etwas kann nicht zu nichts werden! Und ich bin etwas, das ist der Jammer! – Die Schöpfung hat sich so breit gemacht, da ist nichts leer, alles voll Gewimmels. Das Nichts hat sich ermordert, die Schöpfung ist seine Wunde, wir sind seine Bluttropfen, die Welt ist das Grab, worin es fault.«
Danton in Büchners Dantons Tod
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was ist heimat? gibt es das? brauchen wir es? wie äußert sich heimat? oder war heimat früher?
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kann man eigentlich IRGENDETWAS verändern? oder anders: was kann man wirklich verändern?
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wahrscheinlich kennen mich die meisten als eher unpolitischen menschen, zumindest interessiert mich das gezänke in den vereinen und parteien unserer demokratie nicht übermäßig. in den letzten tagen ist aber eine diskussion in deutschland ausgebrochen, die mich unglaublich wütend macht und zu der ich hier etwas sagen muss.
in allen talkshows und zeitungen geht es um die flexibilisierung der arbeitszeiten, um die ausdehnung der wochenarbeitszeiten usw. das schlagwort von der 50-stunden woche ist gefallen, wenn diese vorübergehend für ein unternehmen notwendig sei.
schockierend finde ich, dass sowohl gewerkschaftsführer als auch arbeitgebervertreter mit verschiedenen argumenten um das selbe goldene kalb tanzen. es geht immer nur darum, wie der wirtschaft zu helfen sei, wie mehr dynamik in das geschäftsleben kommen könnte und durch welche mittel man deutschland wieder wettbewerbsvorteile bringen könnte.
auf der einen seite hört man dabei den ruf nach einer maximal flexiblen wirtschaft sprich flexiblen arbeitszeiten mit wochen zwischen 30 und 50 stunden, ganz wie es das unternehmen benötigt. die andere seite will sozialen frieden als standortvorteil verkaufen und verlangt deshalb sogar noch lohnerhöhungen bei beibehaltung der arbeitszeiten.
das absurde und zutiefst ekelerregende an dieser diskussion ist doch aber die stimmlosigkeit, mit der die menschen, welche jene 50 stunden arbeiten sollen in der diskussion zu bloßen puppen degradiert werden. hier wird nicht über gesamtwirtschaftliche variablen diskutiert sondern es geht um die verteilung der lebenszeit von menschen. keiner erwähnt allerdings diesen punkt. dabei ist es gleich zynisch, ob man die entlohnung der arbeitsstunden um ein paar lächerliche prozent aufstocken will um die arbeiter ruhig und auf ihren plätzen zu halten oder ob man von ihnen 24 stunden am tag flexibilität einfordert. am liebsten sollen die leute immer bereit sein zu arbeiten, schließlich geht es um ihre arbeitsplätze und was wäre schon wertvoller als diese.
wie wäre es denn aber einmal, wenn man sich darüber unterhielte, wo die verfügbarkeit über die zeit der arbeitnehmer endet und wie die ethische rechtfertigung für derartige zwangsmaßnahmen gefasst werden muss? es geht hier um menschen! und die erleben jeden augenblick nur einmal. im grundgesetzt ist die rede von der würde des menschen, die unantastbar ist. gilt das auch noch, wenn die arbeitnehmer durch die perfiede argumentation der gewerkschaften und der arbeitgeber zugleich (!) sich ›freiwillig‹ und ›zum eigenen wohl‹ grenzenlos ausbeuten lassen. wer darf dann noch darauf beharren, dass es zeiten gibt, in denen er nicht erreichbar ist für die nöte seines unternehmens? wer kann den wert einer stunde mit den füßen im wasser über das wohl seiner firma stellen und damit über die arbeitsplätze seiner kollegen?
ich glaube, dass wir gerade darüber diskutieren uns mit hochgeschwindigkeit ins 19. jahrhundert zurück zu entwickeln, wo die marktgesetze tatsächlich vollen gebrauch von den körpern ihrer mitspieler machen konnten. wenn nur die hälfte der jetzt diskutierten ›notwendigkeiten‹ gesetz
wird, dann werden wir alle unser berufsleben im daueralarm für das wohl irgendeiner wirtschaft verhetzen, von der wir nicht einmal die brotkrumen bekommen werden.
soweit darf es nicht kommen, denn die scheinheilige diskussion über zukunftsorientierung des sozialstaates ist in wirklichkeit eine diskussion über die mittel, mit denen man versuchen wird uns als putzlappen für die marmorböden der wirtschaft zu gebrauchen, von denen uns gesagt wird, dass wir stolz auf sie sein dürften.
das einzige worauf ein mensch stolz sein darf, ist nicht das versprechen auf menschenwürde, sondern das wissen, dass man als freiheit diese wirklich in der hand hat.
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Vom Eise befreit sind Strom und Bäche Durch des Frühlings holden, belebenden Blick, Im Tale grünet Hoffnungsglück; Der alte Winter, in seiner Schwäche, Zog sich in rauhe Berge zurück. Von dort her sendet er, fliehend, nur Ohnmächtige Schauer körnigen Eises In Streifen über die grünende Flur. Aber die Sonne duldet kein Weißes, Überall regt sich Bildung und Streben, Alles will sie mit Farben beleben; Doch an Blumen fehlts im Revier, Sie nimmt geputzte Menschen dafür. Kehre dich um, von diesen Höhen Nach der Stadt zurück zu sehen! Aus dem hohlen finstern Tor Dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn, Denn sie sind selber auferstanden: Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, Aus Handwerks- und Gewerbesbanden, Aus dem Druck von Giebeln und Dächern, Aus der Straßen quetschender Enge, Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht Sind sie alle ans Licht gebracht. Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge Durch die Gärten und Felder zerschlägt, Wie der Fluß in Breit und Länge So manchen lustigen Nachen bewegt, Und, bis zum Sinken überladen, Entfernt sich dieser letzte Kahn. Selbst von des Berges fernen Pfaden Blinken uns farbige Kleider an. Ich höre schon des Dorfs Getümmel, Hier ist des Volkes wahrer Himmel, Zufrieden jauchzet groß und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!
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heute war ich hier in utrecht bei ikea und mir fiel es wie schuppen von den augen: im grunde genommen gehe ich durch ikea wie durch ein museum. es gibt dinge, die verblüffen mich, es gibt dinge, an denen gehe ich achtlos vorbei und überall gibt es noch etwas neues zu entdecken. wenn man dann rauskommt, geht man noch einen kaffee trinken oder was kleines essen.
es gibt nur zwei unterschiede. 1) bei ikea bezahlt man am schluss und nur dann, wenn es einem gefallen hat. 2) bei ikea sieht man sich erst die sachen und dann die (preis)schilder an, während man im museum oft erst nachsieht, welcher name auf dem schild steht.
alles in allem fürchte ich fast, dass ich ikea den meisten museen vorziehe. denn mich nervt an museen, dass man sich auf einen ausgestellten stuhl nicht setzten darf, dass man im schlafzimmer eines königs nicht im bett liegen darf, dabei steht doch zu vermuten, dass der raum gerade vom bett aus seine wirkung erst voll entfaltet. bei ikea ist das anders: dort soll man überall hingehen, alles anfassen und sich drauflegen oder setzen.
und schließlich das beste. wenn ich im museum etwas toll finde, dann habe ich pech gehabt, weil es nämlich dort bleibt (außer natürlich ich kenne einen begabten kunstdieb). die ikea-kunst kann ich aber mit nach hause nehmen.
und da viele, viele menschen das tun, und da auch alle das gleiche zu hause haben ist es eine geradezu warholsche kunst, die ikea vollführt. eine kunst der industriellen wiederholung und der benutzung.
ich muss es noch einmal wiederholen: ich ziehe ikea beinahe vor.
aber ich gehe doch nach wie vor auch ins museum, aber vielleicht auch öfter zu ikea.
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heute war ich in amsterdam im van gogh museum und habe etwas ziemlich cooles entdeckt. es hängt dort das bild, welches ich in mini-größe hier abgebildet habe. wie ihr sehen könnt, erinnern die farben verblüffend an die zwei streifen in meinem zimmer und selbst das größenverhältnis stimmt ungefähr.
ich weiß, dass ich das bild schonmal in amsterdam gesehen hatte, vor vier oder fünf jahren vielleicht. ich nehme nun an, dass ich entweder unbewusst diese wunderbare farb- und formkomposition gespeichert habe und deshalb meine wand so gestrichen habe, oder dass ich einfach die gleiche farben und formen wie van gogh toll finde.
in jedem fall habe ich ein jahr lang einen abstrakten van gogh an der wand gehabt.
toll, oder?
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Was ist ein Denken? Es ist eine Verwandlung, weil man von einem Ich zu einer Sprache wird, weil man von einer Person zu einer Verkettung aus Bildern und Worten wird. Denken heißt Ereignisse zu produzieren. Und Denken ist Zeugen- und Komplizenschaft. Man wird zum Zeugen eines Sagens, eines Zeigens, welches explodiert. Und Denken geschieht niemals in einem selbst. Denken ist immer schon außerhalb, vor mir und nach mir. Ich habe das nie so stark erfahren wie bei der Lektüre von Gilles Deleuze. Eigentlich ist Denken der Akt einer radikalen Selbstentfremdung, weil man eher der wird, den man liest, als eine Person zu sein. Es hat nichts mit mir zu tun, wenn ich versuche einen bestimmten Begriff eines Philosophen nachzuvollziehen, es hat aber wohl etwas mit diesem Philosophen und seinem Begriff zu tun. Und damit ist Denken nichts weiter als ein Grinsen ohne Katze, weil man selbst die Katze ist, die lange verschwunden ist, wenn das Grinsen noch da ist.
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und dann wäre die traurigkeit, die der stalker im herzen trägt, der schmerz, den sein kleines mädchen mit den gläsern teilt, die vom tisch fallen, dann wäre dieses weh vielleicht nicht mehr als ein glimmendes feuer an einem fluss, oder die spur, die eine schraubenmutter im sand hinterlässt, dann könnte man ein leiden wie einen stein in einen ungekannt tiefen brunnen werfen und wüsste nicht, ob man auf direktem weg oder in einem bogen hierhergekommen wäre.
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Jardin des Plantes, Paris. Der alte Mann und der Junge schauen dem Panther lange zu. "Ein so starkes Tier - und kann nicht raus". "Ja", murmelt der Alte und beginnt, leise aufzusagen: "Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hört im Herzen auf zu sein."
"Der guckt wirklich ziemlich traurig", meint der Junge. "Ja", erwidert der Alte, "und Tiere schauen uns eben auch an." Der Junge wird nachdenklich: "Was mögen die dann denken und fühlen? In Deinem Gedicht geht ein Bild in den Panther, hört aber im Herz auf zu sein. Das finde ich irgendwie komisch. Der Panther schaut uns auch an, stimmt. Aber dann hört da doch nichts auf zu sein! In dem geht bestimmt auch etwas vor". Der Alte schweigt. Nach einer Weile sagt er: "Das genau ist die Frage: Was im Tier blickt uns an?"
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